Redebeitrag

des Stadtverordneten Ingo von Seemen in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 23. März 2023 zur TOI-TOP7:

„Bündnis gegen Armut“

 

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Kolleg*innen, liebe Bürger*innen,

 

Armut ist nicht gottgegeben, sondern menschengemacht.

In der Kommune können wir das Problem nicht abschließend lösen, aber wir können die schlimmsten Folgen mildern.

Als ersten Schritt muss Armut dazu sichtbar gemacht werden. Dies gelingt in Wiesbaden durch die Armutsberichterstattung, wie z.B. die Sozialraumanalysen, schon gut. Der Sozial- und Partizipationsindex wird das Bild noch deutlicher zeichnen. Auf dieser Grundlage können wir einkommensbedingte Ungleichheiten besser erkennen und ausgleichen.

 

Soziale Gerechtigkeit ist ein Grundanliegen der LINKEN und ihrer Kooperationspartner*innen. Soziale Gerechtigkeit ist das, was wir hier herstellen wollen.

Die langjährige Blockade der CDU gegen dieses Instrument der sozialen Gerechtigkeit wird hier und heute endlich durchbrochen! 

Aber unser gemeinsamer Antrag leistet noch viel mehr.

 

Ein weiteres Problem in Wiesbaden ist die vergleichsweise hohe Zahl an Menschen, die mehr als 12 Monate arbeitssuchend sind. Diese Menschen sind häufig von einer sozialen und kulturellen Teilhabe ausgeschlossen. Mit der Reduzierung der Busfahrpreise, der kostenlosen Stadtbibliothek und der Abschaffung der Hundesteuer für Tierheimhunde haben wir bereits Maßnahmen ergriffen, um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erhöhen. Nun wollen wir in einem Konzept alle Maßnahmen zusammenführen und weiterentwickeln. Jeder Mensch - unabhängig vom Einkommen - hat das Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft. Diese Grundannahme vereint die Kooperation und leitet unser Handeln.

Die Gründung des Bündnisses gegen Armut erscheint auf den ersten Blick dagegen wie reine Symbolpolitik. Hier lohnt sich aber ein zweiter Blick.

Armut ist etwas für das sich Menschen schämen und das sie zu verstecken versuchen. Dadurch wird sie oft unsichtbar. Niemand spricht gerne über die eigene Armut, da sie oft noch mit Scheitern oder persönlicher Verantwortung verbunden wird.

Das aber ist falsch! Armut hat strukturelle Gründe. Gerade in der Bundesrepublik Deutschland ist der Ausstieg aus der Armut besonders schwierig. Im Allgemeinen gilt, wer arm geboren wird, bleibt auch arm. Wer Reich geboren wird, bleibt auch Reich. Einzelne Ausnahmen gibt es, sie bestätigen diese Regel aber nur. Diese Tatsache wollen wir ändern. Dafür braucht es gesellschaftliche Debatten, dafür braucht es ein gesellschaftliches Bewusstsein und deswegen ist das Bündnis gegen Armut weit davon entfernt, Symbolpolitik zu sein. Es ist die Grundvoraussetzung, auch über die Kommune hinaus gegen Armut vorzugehen.

 

Zu guter Letzt beinhaltet unser Antrag vier weitere konkrete Schritte gegen die Auswirkungen von Armut.

1. Die Evaluation aller bereits bestehenden Leistungen auf ihren Erfolg.

2. Die Absicherung der Handlungsstrategie “Chancen für herkunftsbenachteiligte junge Menschen”

3. Ein Sonderprogramm zur Bekämpfung von Kinderarmut

und 4. Maßnahmen gegen die wachsende Altersarmut. 

 

Besonders wichtig finde ich hierbei das Sonderprogramm gegen Kinderarmut.

Kinderarmut gehört zu den schlimmsten Formen der Armut. Kinder, die unter Armut leiden, werden oft für das gesamte Leben traumatisiert. Für sie sind die Ausgrenzungserfahrungen besonders dramatisch. Deswegen ist hier der Staat in der Pflicht, so etwas nicht zuzulassen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Blockade der Bundes-FDP zu einer Kindergrundsicherung besonders schäbig.

 

Wir als Kommune werden versuchen, die schlimmsten Versäumnisse abzumildern. Wir wollen Soziale Gerechtigkeit und eine Stadt für alle.

 

Dazu braucht es eine gute Analyse der Situation und ein entschlossenes Handeln der Politik. Beides vereint der Antrag von LINKEN, Sozialdemokraten, Grünen und Volt.

 

Stimmen Sie zu!