Redebeitrag

der Stadtverordneten Nina Schild in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 23. März 2023 zur TOI-TOP8: „Der Staat darf nicht erpressbar sein - Keine Verhandlungen mit der „Letzten Generation““

 

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich möchte meine heutige Rede mit einer Anekdote aus einem vergangenen Umweltausschuss beginnen.

Die anwesenden Umweltpolitiker*innen bekamen eine Präsentation vorgestellt, die sich unter anderem mit den zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels auf die Stadt beschäftige. Auf einer Folie wurde von einer globalen Erderwärmung von bis zu 5 oder 6 Grad ausgegangen, sollten wir so weitermachen wie bisher und nicht unverzüglich und intensiv gegensteuern. Einer der Abgeordneten, zu dem ich jetzt nur sagen möchte, dass er nicht zu unserer Kooperation gehört, meldete sich und fragte, warum man denn keine realistischeren Werte annehmen würde. Daraufhin musste man ihm erstmal erklären, dass dies realistische Annahmen sind.

 

Auch der in dieser Woche veröffentlichte jüngste Bericht des Weltklimarates, geht von ähnlichen Szenarien aus, sollten wir nicht sofort drastisch handeln. Mit Erlaubnis des Stadtverordnetenvorstehers zitiere ich die Wissenschaftler*innen die sagen: „Das Tempo und der Umfang der bisherigen Maßnahmen sowie die derzeitigen Pläne sind unzureichend, um den Klimawandel zu bekämpfen“. Der UN-Generalsekretär Guterres spricht angesichts der Fakten von einer tickenden „Klima-Zeitbombe“. Selbst in den optimistischsten Szenarien, wird das 1,5 Grad Ziel bereits in den nächsten 10 bis 12 Jahren fallen, mit bereits katastrophalen Auswirkungen. Sollten wir nicht noch drastischer gegensteuern als bisher, ist es wahrscheinlich, dass Hamburg zum Ende des Jahrhunderts das Schicksal von Atlantis ereilt. Ebenso NY. Der nicht allzuferne Untergang der Zivilisation ist kein unwahrscheinliches Horrorszenario sondern eine reale Bedrohung für junge Menschen heutzutage. Wie es ist, mit einer solchen Gewissheit leben zu müssen, kann man sich als Mensch Ü 30 nur schwer ausmalen.

 

Doch leider gibt es immer noch politische Kräfte, die das Ausmaß der Bedrohung offensichtlich in keiner Weise verstanden haben, ignorieren und herunterspielen – wie man an meiner Anekdote vom Anfang aber auch an dem hier vorliegenden Antrag gut sehen kann. CDU und FDP, ich spreche Sie direkt an: Statt alles dafür zu tun, die tickende Zeitbombe zu entschärfen, die im wahrsten Sinne des Wortes das Leben dieser und aller junger Menschen auf diesem Planeten bedroht und Gewalt im unvorstellbaren Ausmaß über sie bringen kann, problematisieren Sie in ihrem Antrag lieber ein Symptom dieser Gefahr: Die jungen Menschen, die verzweifelt um ihre Zukunft kämpfen

 

Dieser Antrag, der alle Klimaaktivist*innen der „Letzen Generation“ pauschal kriminalisiert und Klimaschutz topediert, sagt mehr über den Zustand Ihrer Politik aus als über die Aktivist*innen der letzten Generation, die Sie versuchen anzugreifen. Und lassen Sie mich Ihnen noch etwas sagen: Ihre zunehmend populistischen Argumentationen und Ideologiepolitik, lassen uns nicht weiterkommen und sind aus meiner Sicht viel eher ein Schaden für die Demokratie als die Wiesbadener Klima-Aktivist*innen und lassen uns nicht weiterkommen. Überdenken Sie das bitte für die Zukunft.

Für heute legt unsere Kooperation einen Ersetzungsantrag zu Ihrem vor. Aus diesem geht hervor, dass wir Straftaten und Drohungen als Mittel der politischen Auseinandersetzung selbstverständlich ablehnen. Im Gegensatz zu Ihnen verweigern wir uns aber nicht präventiv und pauschal sämtlichen Gesprächen mit Vertreter*innen der letzten Generation, denn dies wäre nicht im Sinne der Demokratie. Außerdem geht aus unserem Antrag im Gegensatz zu Ihrem hervor, dass wir die Gefahren des Klimawandels ernst nehmen. Ihren Antrag lehnen wir ab.

 

Vielen Dank!