Redebeitrag

des Stadtverordneten Hartmut Bohrer der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 30. November: „Haushaltsplanberatungen 2024/2025"

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte die Gelegenheit nutzen, den Einfluss der stark einschränkenden Rahmenbedingungen anzusprechen, unter denen der kommende Haushaltsplan aufgestellt werden muss.

Ein Problem, mit dem wir seit Jahren zu kämpfen haben, ist die zunehmende Übertragung von Aufgaben an die Kommunen durch Bund und Land, ohne die Kommunen mit den dafür notwendigen Finanzen auszustatten. In Artikel 137 der Hessischen Verfassung ist das so genannte Konnexitätsprinzip verankert. Dies bedeutet, mit einfachen Worten ausgedrückt: „Wer bestellt, der bezahlt“. Dieses, auch im Grundgesetz in Artikel 104a verankerte Prinzip, wird schon seit Jahren seitens des Bundes und des Landes missachtet. Mit jeder neuen der Kommune zugewiesenen Aufgabe steigt die Finanznot der Kommunen.

Zum Haushaltsplan haben wir deshalb auch einen Antrag vorgelegt, gegen die ständige Verletzung dieses Verfassungsgebotes vorzugehen, nach Möglichkeit mit anderen Kommunen gemeinsam, auch mit juristischen Mitteln in Form von Klagen.

Unser Antrag listet Beispiele auf, bei denen der Verfassungsgrundsatz der Konnexität verletzt wird, unter anderen: Onlinezugangsgesetz, Bundesteilhabegesetz, „Katastrophenschutz-Leuchttürme", Versorgung und Unterkunft Geflüchteter sowie den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern, der „erst" 2026 in Kraft tritt, für den aber bereits jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden müssen und auf den jetzt schon viele Eltern angewiesen sind, die alltäglich die Schwierigkeit haben, Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung "unter einen Hut zu bringen".

Bei der fehlenden Konnexität hinsichtlich der Versorgung und Unterkunft Geflüchteter wird besonders deutlich wie die Verletzung dieses verfassungsmäßig verankerten Prinzips, die soziale und politische Lage verschärft. Für Aufrüstung, Waffenkäufe und Kriegsbeteiligung gibt es ein 100-Milliarden-Programm. Entsprechende Programme für die Lösung sozialer Aufgaben und wichtige Infrastrukturmaßnahmen in der Gesundheitsversorgung, in der Bildung, im Öffentlichen Personenverkehr und für eine ausreichende Ausstattung der Kommunen mit Finanzmitteln vermissen wir.

Während in der Finanzkrise am Ende des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts Sonderkonjunkturprogramme aufgelegt wurden, aus denen die Landeshauptstadt Wiesbaden innerhalb von zwei Jahren 100 Millionen € erhielt, die sie für Sanierung von Schulen und Kindertagesstätten nutzte, gibt es gegenwärtig nichts Vergleichbares. Die Last der vor allem kriegsbedingten Inflation, die sich in notwendigen Tariferhöhungen beim Personal und hohen Preissteigerungen bei Baukosten niederschlägt, wird nicht durch solch ein Sonderprogramm ausgeglichen. Vor allem das ist die neue Situation, die es so schwer macht, einen genehmigungsfähigen Haushaltsplan aufzustellen und den sozialen, ökologischen und kulturellen Erfordernissen Rechnung zu tragen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

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2023-11-30-DIE LINKE. Stadtfraktion Wiesbaden-Redebeitrag Hartmut Bohrer
2023-11-30-DIE LINKE. Stadtfraktion Wies
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