Redebeitrag

des Stadtverordneten Ingo von Seemen in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 30. November: "Haushaltsplanberatungen 2024/2025"

 

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrte Kolleg*innen,

sehr geehrte Bürger*innen,

 

unter schwierigen Bedingungen haben die Linken und ihre Kooperationspartner*innen einen zukunftsweisenden Haushalt aufgestellt.

Wir setzen dem neoliberalen Dogma der Vergangenheit eine Idee der sozialen Gerechtigkeit entgegen. Vor zwei Jahren haben wir mit vielen Maßnahmen das soziale Netz verstärkt, in diesem Haushalt haben wir unsere Errungenschaften verteidigt.

Eine schwierige Haushaltslage heißt für das Linksbündnis eben nicht Sozialabbau, Kulturkahlschlag und Trägersterben. Wir betreiben keinen Raubbau an den kommenden Generationen und wir treten auch nicht nach unten, sondern Begegnen allen Bürger*innen auf Augenhöhe.

Starke Schultern tragen mehr, alle anderen bekommen die Unterstützung die sie brauchen.

Mit maßvollen Steuer- und Abgabenanpassungen, angepassten Gebühren und Einsparungen, bei gleichzeitiger Investition in wichtige Zukunftsaufgaben, machen wir eine progressive Haushaltspolitik fernab jeglicher ideologischer Kürzungsorgien wie sie sich neoliberale Parteien wie FDP und CDU gewünscht hätten.

Wenn man sich den Haushaltsantrag der FDP anschaut kann einem nur angst und bange werden.

Streichung des WI15 Tickets, Entlassungen von Sozialarbeiter*innen, massive Erhöhungen der Kitagebühren, keine Tarifsteigerungen für städtische Bedienstete, Schließung der Wiesbadener Jugendwerkstadt, Überlastung aller Ämter mit Kennzahlenmodellen, Streichung kompletter Buslinien und zu guter Letzt, die Streichung der von der CDU so geliebten Polleranlagen.

Dazu haben sie auf Einnahmen verzichtet. Sie wollen weder Menschen im Forderungsmanagement der Stadt einstellen, noch wollen sie Gewerbesteuerprüfer*innen. Obwohl beides nachweislich mehr Geld einbringt als es kostet. Die totale Unvernunft und Verantwortungslosigkeit haben ihre Heimat gefunden. Und zwar in der Wiesbadener FDP-Fraktion.

Wenn die FDP regieren würde, würden dutzende Menschen bei der Stadt und der WJW ihren Job verlieren. Die Kitas wären für weite Teile der Bevölkerung unbezahlbar und die Ausländerbehörde könnte die Anträge nicht mehr bearbeiten. Das würde nicht nur Geflüchtete und Einbürgerungswillige betreffen, das würde auch zu noch längeren Verfahren bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse und damit zu handfesten Standortnachteilen für die Wiesbadener Unternehmen führen.  Warum die FDP keine Gewerbesteuerprüfer will erschließt sich mir nicht. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Die ehrlichen Steuerzahler*innen zahlen den Betrug der unehrlichen Steuerbetrüger mit. Wir stehen an der Seite aller ehrlichen Kaufleute und nicht auf der Seite von Gesetzesbrecher*innen.

Zum CDU-Haushaltsantrag kann ich nichts sagen, sie haben leider keinen Antrag eingereicht. Auch zu ihrem Abstimmungsverhalten im Finanzausschuss kann ich nichts sagen, da sie sich der demokratischen Teilhabe verweigert haben. Die CDU-Fraktion Wiesbaden ist in ihrer jetzigen Verfassung schlicht kein ernstzunehmender politischer Player. Nur eine Sache halte ich noch für erwähnenswert: Ihr Vorschlag die Betreuungszeiten in den Kitas zu verkürzen und gleichzeitig die Gruppengrößen auf 25 Kinder zu erhöhen: Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Erzieher*innen und Familien mit Kindern. Nicht nur, dass wir dann keine Fachkräfte mehr finden, weil niemand in diesen Gruppen arbeiten möchte, gleichzeitig verschlechtern sie die Betreuungsqualität und sorgen dafür, dass unsere Kitas keine Inklusionskitas mehr sind. Zusätzlich zwingen sie durch die verkürzten Betreuungszeiten Elternteile zu Hause zu bleiben. Frauen zurück an Heim und Herd. Liebe CDU, das kann nicht euer Ernst sein. Die 60er Jahre haben angerufen, sie wollen ihren Vorschlag zurück.

Die neuen Oppositionsführer*innen sind FDP und Freie Wählergemeinschaft/Pro Auto. Denn nur diese Oppositionsfraktionen sind ihrer Arbeit nachgekommen und haben für die Wähler*innen ihre Positionen dargelegt. Unsere sind besser, aber sie haben es immerhin versucht.

Nun komme ich auch zu unseren Positionen. Ich werde mich dabei auf ein paar Kernthemen beschränken. Das sind Soziales, Gesundheit, Kultur und Integration.

Das soziale Netz in Wiesbaden bleibt nicht nur bestehen, wir bauen es sogar aus. 12,8 Mio.  € für den Ausbau und Betrieb von Krippen und Kitas, ohne steigende Gruppengrößen und unter Beibehaltung der Betreuungszeiten. Dazu kommt die bessere Bezahlung von Tagespflegepersonen, die vollständige Sicherung der Kita-Träger*innen, die Bezahlung von Sozialassistent*innen und weitere Maßnahmen zur Fachkräftesicherung. Die Grundschulkinderbetreuungsvereine werden gesichert und es gibt zusätzliche Mittel für das Stadtteilzentrum Schelmengraben. Als Krönender Abschluss wird in den Herbert Anlagen ein Wasserspielplatz gebaut.

So geht Familienpolitik im 21. Jahrhundert, liebe CDU.

Insgesamt investieren wir mehr als 25 Mio. € in Familien und kürzen nicht 25. Mio. € weg.

Aber wir tun nicht nur viel für die Familien, sondern auch für junge und ältere Menschen in unserer schönen Weltkurstadt. Die Jugendzentren bleiben erhalten, das Handlungsprogramm Jugend wird weitergeführt, die offene Altenarbeit wird weiter mit einer Millionen € jährlich unterstützt und wir bauen das Seniorenzentrum Moritz-Lang-Haus. Die Stadtbibliothek bleibt kostenlos. Damit sichern wir einen barrierefreien Zugang zu Bildung für Jung und Alt.

So geht generationengerechte Politik im 21. Jahrhundert.

Die gute, wohnortnahe und barrierefreie Versorgung der Wiesbadener Bevölkerung, gleich ob arm oder reich, ist uns ein Herzensanliegen. Daher freue ich mich besonders, dass wir die kommunalen Mittel für die Bereitstellung von bis zu drei Gesundheitskiosken in unserem Haushaltsantrag bewilligt haben. Drei Orte an denen Menschen ohne Termin medizinische Beratung und die Möglichkeit für Impfungen oder kleine medizinische Leistungen erhalten werden.  Wir haben Kürzungen im Bereich des Gesundheitswesens verhindert und die Suchthilfe in Wiesbaden gestärkt.

So geht eine soziale Gesundheitspolitik im 21. Jahrhundert.

Neben den sozialen Träger*innen waren es auch die Träger*innen der Kultur, die Angst vor einem Kahlschlag in ihrem Bereich hatten. Zurecht haben sie angemahnt das Kultur kein Luxus ist. Die kulturelle Teilhabe aller Bürger*innen am gesellschaftlichen Leben gehört zu einer demokratischen Gesellschaft. Wir haben uns daher entschieden keine Kürzungen der Zuschüsse der freien Träger durchzuführen. Die Stadtteilkulturtage werden weiterhin stattfinden und der Kulturentwicklungsplan wird mit 200.000 € gesichert. Besonders freut mich, dass das Kulturdenkmal Walhalla saniert wird, und nicht weiter verfällt.

So geht eine solidarische Kulturpolitik im 21. Jahrhundert.

In einer Zeit, in der rechtsradikale Positionen, die früher nur die NPD vertreten hat, salonfähig geworden sind, ist es eine besonders wichtige Aufgabe, weiterhin für eine humane Menschenrechtspolitik einzustehen.

Daher war es der Linken besonders wichtig, keinerlei Kürzungen in unseren Integrationsbemühungen zuzulassen. Wir wollen, im Gegensatz zur FDP, keine Sozialarbeiter*innen entlassen, besonders nicht in Geflüchtetenunterkünften. Denn sie sind ein wichtiger Baustein in der Integration von Menschen die vor Krieg, Gewalt, Naturkatastrophen und Hungerepidemien nach Europa fliehen. Mit uns wird es in Schulen und Gemeinschaftsunterkünften weiterhin kostenlose Menstruationsprodukte geben und wir kürzen keine Mittel bei den freien Trägern im Integrationsbereich. Im Gegenteil. Spiegelbild, die sich dem Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus verschrieben haben, bekommen mehr Mittel um gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft agieren zu können. Wir finanzieren eine Antidiskriminierungsstelle an dich sich Mitbürger*innen wenden können, sobald sie von rassistischen Anfeindungen betroffen sind. Aber auch die städtischen Behörden werden weiter gestärkt. Wir stehen zu dem Kennzahlenmodell in der Ausländerbehörde. Zustände wie in Frankfurt wollen wir hier nicht. Unsere Verwaltung braucht die Sicherheit, dass wir mehr Personal schaffen, wenn das Antragsvolumen steigt. So verhindern wir zu lange Bearbeitungszeiten und die Überlastung der Mitarbeiter*innen. 

So geht menschliche Integrationspolitik im 21. Jahrhundert.

Die Linke zeigt, dass sie uns ihre Partner*innen nicht nur bei Sonnenschein, sondern auch bei schlechtem Wetter regieren können. Wir haben in einer schwierigen Welt- und Haushaltslage Verantwortung für die Menschen unserer Stadt übernommen. Denn im vorliegenden Haushaltsantrag von SPD, Grünen, Linken und Volt steht der Mensch im Mittelpunkt. Gleich ob arm oder reich, ob deutscher oder nichtdeutscher, ob jung oder alt, bei uns wird niemand im Regen stehen gelassen.

Wir spannen den Schirm einer starken Gemeinschaft über alle Grenzen und Klassen.  Gemeinschaft statt Spaltung, gerechte Lastenverteilung statt Kürzungsorgie. Die Gewinner dieses Haushalts sind die Bürger*innen in Wiesbaden. 

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2023-11-30-DIE LINKE. Stadtfraktion Wiesbaden-Redebeitrag Ingo von Seemen
2023-11-30-DIE LINKE. Stadtfraktion Wies
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