Redebeitrag

der Stadtverordneten Brigitte Forßbohm  in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 07. Februar 2024 zur aktuellen Fragestunde zur Schändung des Mahnmals am Michelsberg mit Hakenkreuzen

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

Das Mahnmal am Michelsberg erinnert an die 1.507 jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Wiesbadens, die zwischen 1935 und 1945 durch Nationalsozialisten ermordet wurden. 

Der Platz hat seine eigene Geschichte: Er ist der Standort der 1869 nach Plänen von Philipp Hoffmann fertiggestellten Synagoge, die in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 bis auf die Grundmauern zerstört und im Jahr darauf vollständig abgebrochen wurde.

In den 1950er Jahren schien es praktisch, eine Straße über den Grundriss der ehemaligen Synagoge zu führen. Als dann 1970 eine Hochbrücke gebaut wurde, um den von der Coulinstraße kommenden und hinführenden Verkehr aufzunehmen, geriet die ehemalige Synagoge in Vergessenheit.

Erst der Abriss der Hochbrücke im Jahr 2001 eröffnete die Diskussion darüber, wie der denkwürdige Ort genutzt werden könne. Es dauerte noch mehrere Jahre bis die Entscheidung für ein namentliches Gedenken an die vom NS-Regime ermordeten jüdischen Mitbürger*innen fiel. 

Die 1507 Namen der Opfer herauszufinden, ist ein Ergebnis umfangreicher Recherchen, die das Aktive Museum Spiegelgasse weitgehend ehrenamtlich und auf Grundlage bürgerlichen Engagements leistete und leistet, denn die Opferlisten sind noch immer unvollständig. Über die Namen hinaus arbeitet das Aktive Museum bis heute an "Erinnerungsblättern", die über das Schicksal jüdischer Mitbürger*innen informieren und teilweise gegenüber am Michelsberg eingesehen werden können.

»Kein Name ist vergessen«, das heißt: Jede und Jeder zählt um ihrer und seiner selbst willen! Der Gedenkort am Michelsberg bewahrt die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft vor dem Tod des Vergessens. Dort stehen die Namen der Opfer, deren Leben durch Verfolgung und Vernichtung ausgelöscht wurde. Nicht ausgelöscht werden soll jedoch die Erinnerung an sie. 

Wer ein solches Mahnmal mit Symbolen des mörderischen NS-Regimes schändet, betreibt nach der Auslöschung der Leben, die Auslöschung der Namen, spricht denen, an die hier erinnert wird, die Menschenwürde ab.

Das dürfen wir nicht zulassen. Wir wollen das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus lebendig halten. Dies ist die große Aufgabe auch kommender Generationen, denn von den Überlebenden sind nur noch wenige am Leben. 

Ich möchte mit einem Satz des Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer enden, der sich seit den 1980er Jahren aktiv für eine Kultur des Erinnerns und des Gedenkens sowie gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus engagierte. Er war der KZ-Gedenkstätte Dachau bis zu seinem Tod im September 2016 eng verbunden. Ein großes persönliches Anliegen war ihm jedoch zeitlebens das Gespräch und die Begegnung mit Schülerinnen und Schülern. 

Zu ihnen sagte Max Mannheimer: 

"Ihr seid nicht für das verantwortlich, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon."

Das gilt auch für uns. Wir dürfen die Schändung der Opfer nicht zulassen! 

 

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