Redebeitrag

Redebeitrag des Stadtverordneten Ingo von Seemen in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 16. Dezember 2021 zur TOI-TOP5: „Haushaltsplan 2022/2023“

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

sehr geehrte Kolleg*innen,

liebe Wiesbadener*innen,

 

am heutigen Tag beschließt die progressive Mehrheit aus Grünen, SPD, Volt und LINKEN, den Haushaltsplan für die Jahre 2022/2023. Sozial. ökologisch, digital.

Dieser von uns gemeinsam vorgelegte Haushaltsplan zeugt vom gemeinsamen Willen der beteiligten Fraktionen, auf Basis solider Haushaltsführung den sozial-ökologischen Fortschritt in der Landeshauptstadt Wiesbaden voranzubringen.

Und auch wenn ich froh bin, dass die tagelangen Haushaltsberatungen nun erstmal vorbei sind, möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten für die vertrauensvolle, produktive und ergebnisorientierte Zusammenarbeit bedanken.

Gemeinsam haben wir die Verhandlungen zu einem Ergebnis geführt, dass gut für die Bürger*innen Wiesbadens ist. Ohne großen Streit, ohne große Selbstdarstellungen in der Presse und Öffentlichkeit - auf Augenhöhe und gleichberechtigt. So wie es sich in einer vernünftigen Beziehung gehört.

Der Vergleich der Haushaltsanträge, insbesondere der Fraktionen von CDU und FDP mit dem gemeinsamen Haushaltsantrag zeigt, dass es nicht um Nuancen unterschiedlicher Haushaltspolitik, sondern um ein grundsätzlich gegensätzliches Politikverständnis geht.

 

 

Während die CDU auf eine horrende Steigerung der Personalstärke bei der Ordnungspolizei setzt, beschließt das Haushalts-Bündnis heute die Verbesserung der Teilhabe, insbesondere junger Menschen, durch den freien Eintritt in die Schwimmbäder der Landeshauptstadt Wiesbaden, die kostenfreie Nutzung der Stadtbibliothek und die vergünstigte Abgabe des ÖPNV-Monatstickets an Kinder, Jugendliche und Leistungsberechtigte.

In diesem Zusammenhang stellt sich für mich auch die Frage, ob die Tatsache, dass die CDU zwar 48 neue Vollzeitstellen fordert, aber keine Mittel für Arbeitsplatzkosten bereitstellen und den 48 neuen Ordnungskräften nur zwei neue Einsatzfahrzeuge zur Verfügung stellen will, als Beitrag ihrer Fraktion zum Klimaschutz zu verstehen ist, oder einfach nur offenbart, wie bewusst Ihnen die fehlende Seriosität Ihrer Forderung ist.

Insgesamt muss man sagen, mangelt es dem Antrag der CDU an Glaubhaftigkeit.

Im Vorfeld der Verhandlungen haben sie die schwarze Null gefordert. Dann einen Vorschlag vorgelegt der ein deutlich höheres Defizit und viel höhere Personalkosten vorsieht als der seriöse Vorschlag der ProKo um sich am Ende als haushaltspolitisches Gewissen der Landeshauptstadt Wiesbaden darzustellen. Das ist die hohe Kunst der Scheinheiligkeit.

Regierung konnten sie noch nie. Aber Opposition können sie offensichtlich noch viel schlechter. In der Opposition geht es darum eine Alternative zur tatsächlichen Regierungspolitik aufzuzeigen. Nicht darum mit alternativen Fakten polemische Pressemitteilungen zu verschicken.

 

Nun komme ich zu den Vorschlägen der Kolleg*innen der FDP. Sie haben gesagt: „Wir planen ohne die weiteren Bedarfe bei der Verbesserungen der Pandemiebekämpfung, dem Katastrophenschutz, der Feuerwehr, der IT-Sicherheit, der Umsetzung des Gute-Kita Gesetzes usw., weil diese in den Kernhaushalt gehören.”

Das kann man machen. Dann muss man nur Positionen mit dem gleichen Wert aus dem Kernhaushalt streichen! Macht man das nicht und setzt die Mittel nicht zu, wird am Ende kein Geld für diese Dinge da sein. So bekommt man zwar einen genehmigungsfähigen, keinesfalls aber einen seriösen Haushaltsantrag hin.

Und das ist glaube ich der Kernpunkt indem sich die Arbeit der LINKEN von der Arbeit der Rechten unterscheidet. Wir sind seriös. Das haben wir durch den vorliegenden Haushaltsentwurf einmal mehr bewiesen.

Wir sparen lieber bei den Zuschüssen zum Ball des Sports und sorgen für Einnahmeverbesserungen indem wir sicherstellen, dass die in Wiesbaden zu entrichtende Gewerbesteuer, auch hier vor Ort entrichtet wird. Für uns, ist die Sicherheit unser Bürger*innen nichts, wo Einsparungen angebracht wären und die historische Situation, in der die Welt sich derzeit befindet, erfordert Mehrausgaben in allen Bereichen des Zivilschutzes.

 

Wir kümmern uns um alle Bürger*innen, z.B. bei der Bereitstellung von mehr öffentlichen Toiletten, ein verstärkter Einsatz von Sozialarbeiter*innen und der Ausbau der Familienhilfe.

Diese Unterschiede werden auch an anderer Stelle deutlich. Während wir gemeinsam Geld für die Modernisierung und Verbesserung der Wiesbadener Schulen in die Hand nehmen, scheint die einzige Schule, der die FDP folgt, weiterhin die Chicagoer Schule zu sein.

„Die Schwierigkeit liegt nicht so sehr in den neuen Gedanken, als in der Befreiung von den alten.“ Diese Worte des weltbekannten Ökonomen John Maynard Keynes, bestätigen die Haushaltsanträge der bürgerlichen Rechten in diesem Haus. Sie sind nicht bereit, sich von alten Gedanken zu befreien und mit uns gemeinsam neue Wege zu denken.

Wir zeigen neue Wege auf und legen klare Schwerpunkte durch die Einrichtung einer Stabsstelle zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, den Ausbau der LSBT*IQ-Koordinierungsstelle und die Verdopplung der Förderung für die Geflüchtetenhilfe.

Ebenso gehen wir gemeinsam weiter den Weg, bezahlbaren Wohnraum in Wiesbaden durch den Ankauf von Belegungsrechten zu erhalten und unterstützen den Magistrat in der Umsetzung des Modellprojekts “Housing First”, das wohnungslosen Menschen die Rückkehr in ein geregeltes Wohnumfeld ermöglicht, ohne dass dies an bürokratische Bedingungen geknüpft wird.

Auch verbessern wir die Betreuungssituation von Kindern durch die Schaffung von jährlich 150 neuen Plätzen in Kindertagesstätten.

 

Über all dies hinaus sorgen wir für eine Entlastung des städtischen Tierheims, durch die Befreiung von der Zahlung der Hundesteuer für Tiere die von dort aufgenommen werden und beschließen heute die dringend erforderliche Neukonzeption der Wildtierhilfe.

Auch die Förderung der Kultur in der Landeshauptstadt haben wir nicht vergessen und stellen bedarfsgerechte Mittel bereit, die insbesondere in den schwierigen Zeiten der Pandemie einen notwendigen Beitrag zum Erhalt und Ausbau der vielseitigen Kulturlandschaft bieten.

All diese Dinge, die ich gerade beschrieben habe, bedeuten sicherlich keine Revolution in Wiesbaden. Aber wir machen gemeinsam eine Vielzahl kleiner und auch so manchen großen Schritt, in Richtung einer sozialen, ökologischen und lebenswerten Stadt, für alle Bürger*innen.

Und wir tun dies ohne, wie die CDU-Fraktion, einen Haushaltsplan vorzulegen, der ein Defizit vorsieht, dass die Genehmigung des Haushalts unmöglich macht. Dass dies ausgerechnet aus der Fraktion kommt, deren schwarze Nullen auf Landes- und Bundesebene für das unverantwortliche Kaputtsparen der letzten Jahrzehnte hauptverantwortlich sind, lässt zweifellos tief blicken.

 

Leider erlaubt es die Zeit nicht, im Detail auf die Anträge aller Fraktionen einzugehen. Doch will ich nicht unerwähnt lassen, dass eine Fraktion in diesem Hause, sich im Zuge der Haushaltsberatung zum wiederholten Mal durch gänzliche Arbeitsverweigerung auszeichnet. Und auch wenn die meisten im Hause wohl ebenso wie ich froh sind, uns an dieser Stelle nicht mit rechtsextremen Anträgen auseinandersetzen zu müssen, stellt sich schon die Frage wie die AfD-Fraktion diese Arbeitsverweigerung ihren, hoffentlich zeitnah immer weniger werdenden Wähler*innen erklärt.

Während sie also die Füße hochgelegt haben, haben wir hart gearbeitet und einen wegweisenden Haushalt für die nächsten beiden Jahre aufgestellt.

Ich bin sicher, dass wir in zwei Jahren wieder zusammenkommen werden und bereits an vielen Stellen merken, wie wegweisend unsere heutigen Beschlüsse sind.

Und ich freue mich, gemeinsam mit meiner Fraktion, auf die Umsetzung dieses Haushalts.

Er war eines meiner Vorbilder, der sozialdemokratische Bundeskanzler Willy Brandt, der vor gut 50 Jahren sagte: „Wir wollen mehr Demokratie wagen!”

Heute sagen die Fraktionen von Grünen, SPD, Volt und LINKEN in der Landeshauptstadt Wiesbaden gemeinsam:

Wir wollen mehr Teilhabe wagen!

Wir wollen eine Stadt für alle!

Wir wollen sozialer, ökologischer und digitaler werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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